© Frank Koebsch

INSPIRATION MALREISE:

Farben und Wellen der Ostsee

Von Frank Koebsch | Lesezeit: 9 Minuten

Es macht immer wieder Spaß, an der Ostsee zu malen. Die Landschaften mit den Stränden, Steilküsten, Booten und Schiffen, die Bodden und Küstenwälder mit ihren Windflüchtern und sogar einzelne Wellen sind beliebte Motive. Das Wasser der Ostsee ist in diesen Bildern ein wichtiges Element. Es ist interessant, wie sich die Farbe und die Oberfläche der Ostsee und des Boddens wandeln kann. Ich möchte den Versuch wagen, zu erklären, wie die Farben der Ostsee zu verschiedenen Tageszeiten und Wettersituationen entstehen. Besonders spannend ist das, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass das Ostseewasser oft sehr klar sein kann, „ähnlich“ wie Trinkwasser in einem Glas.

Spiegelungen im Hafen: Die Ostsee in Momenten der Windstille

Bei Windstille ohne Wellen und Strömungen wirkt die glatte Oberfläche des Wassers wie ein Spiegel. Beispiele hierfür zeigen die Aquarelle „Morgenstimmung im Hafen“ (Abb. 1) und „Abend an der Ostmole“ (Abb. 2). Gerade morgens vor Sonnenaufgang haben wir manchmal Momente der Windstille und im geschützten Hafen spiegeln sich der Himmel und die Boote auf der Wasseroberfläche. Segler und Ballonfahrer kennen die Situationen, in denen am Abend der Wind einschläft. Dann kann sich das Abendrot, die Mole und der Leuchtturm in der Hafeneinfahrt auf der Ostsee spiegeln. Diese Momente sind aber die Ausnahmen an der Ostsee.

Abb. 1 Morgenstimmung im Hafen
Abb. 2 Abend an der Ostmole

Wenn der Wind die Stille bricht: Bewegung und Farbenspiel auf dem Bodden

Wenn Wind, Strömungen und Wellen die Wasseroberfläche bewegen, dann verschwinden sofort die Spiegelbilder. Es reicht selbst auf den flachen und geschützten Buchten der Bodden ein leichter Wind aus, der die Wasseroberfläche kräuselt und unsere Wahrnehmung wird von dem Licht und Schatten der kleinen Bewegungen auf dem Wasser bestimmt. Die Reflexionen des Himmels und der Boote und Schiffe verschwinden und andere Effekte bestimmen die Farben der Wasseroberfläche.  In dem Aquarell „Blick auf den Bodden bei Middelhagen“ Abb. 3 ist sehr gut die Wirkung des Windes auf die Wasseroberfläche zu sehen.

Abb. 3 Blick auf den Bodden bei Middelhagen

Die Wassertiefe bestimmt die Farbe

Verlassen wir die geschützten Bereiche der Ostsee und schauen vom Strand auf das Meer, dann ergibt sich ein interessantes Farbspiel je nach Wassertiefe.

In den Aquarellen „Boote der Fischer am Strand …“ (Abb. 4) und „Party am Strand“ (Abb. 5) ist gut zu erkennen, wie sich die Farbe der Ostsee unabhängig von der Farbe des Himmels vom Strand zum Horizont ändert.

Abb. 4 Boote der Fisch am Strand…
Abb. 5 Party am Strand

Von unten betrachtet

Diejenigen von uns, die tauchen oder schnorcheln, wissen um die Eigenschaften des scheinbar so klaren Wassers. Bereits nach wenigen Metern unter der Wasseroberfläche verändern sich die Farben und wenn man zur Wasseroberfläche schaut, merkt man, wie schnell das Wasser das Licht absorbiert.  Wasser absorbiert langwelliges, rotes Licht viel besser als kurzwelliges, blaues. Nach dem Rot verschwinden die orangefarbenen, gelben und grünen Anteile. Das blaue Licht wird am wenigsten absorbiert, am stärksten reflektiert und zur Oberfläche zurückgeworfen. So erleben wir die Meere meist mit einer blauen Färbung.  Wie blau, dass hängt von der Bewölkung und dem Sonnenstand ab.

Auch der Winkel der Sonneneinstrahlung beeinflusst die Farbwirkung

Wenn wir mittags im Sommer am Strand stehen, dann treffen hier die Sonnenstrahlen fast senkrecht ins Wasser, werden kaum reflektiert und leuchten das flache Wasser mitunter bis zum Grund aus. In großer Entfernung am Horizont treffen die Sonnenstrahlen in einem etwas flacherem Winkel auf das Wasser und werden durch die bewegte Oberfläche in alle Richtungen reflektiert. Ein geringerer Lichtanteil leuchtet das Wasser aus und nur die blauen Lichtanteile werden nicht verschluckt. Deshalb erleben wir das Wasser am Horizont in der Regel dunkler als am Strand. Dieser Fakt ist auch dafür verantwortlich, dass wir das Wasser in Äquatornähe bei senkrechter Sonneneinstrahlung eher azur und in Polnähe bei schrägem Lichteinfall eher in einem tiefen dunkelblau wahrnehmen.

Sediment und Licht

Ob sich das Blau des Meeres mehr ins grün oder grau verfärbt, hängt von der Bewölkung, Schwebeteilchen wie Plankton, Sedimenten u.a. ab. Das Grau an der Wasseroberfläche entsteht ganz simpel durch die Reflektion der Wolken. In Ufernähe gelangt durch die Wellen mehr Sauerstoff in das Wasser und es wird Sediment vom Grund aufgewirbelt, was dann die Wasserfarbe noch einmal beeinflusst. An den weißen, leicht beigen Stränden der Ostsee nehmen wir damit das Wasser in der Nähe des Spülsaums in hellen Grün- und Blautönen wahr. Das Aquarell „Fischerboot am Strand“ (Abb. 6) ist ein gutes Beispiel hierfür.

Abb. 6 Fischerboot am Strand

Wie entstehen Wellen? Ein kleiner Exkurs in die Physik

Spannend wird jedes Meer als Motiv dann, wenn die Wellen wogen und an den Strand laufen. Bevor ich mit Malschülern Wellen male, versuche ich die Frage zu klären, wie Wellen entstehen.

Eine Welle im Meer entsteht in der Regel durch den Einfluss von Wind auf die Wasseroberfläche. Kontinuierlicher Wind aus einer bestimmten Richtung überträgt seine Energie auf das Wasser und erzeugt so Wellen. Andere Ursachen für Wellen können Strömungen, vorbeifahrende Schiffe u.a. sein. Diese Wellen breiten sich dann im Wasser aus.

Den Energietransport muss man sich als Front von der Wasseroberfläche bis zum Meeresgrund vorstellen. Im tiefen Wasser ist von dem Energietransport wenig zu sehen. Siehe Abb. 7.

Abb. 7

Wellen werden erst sichtbar, während sie sich auf den Strand zu bewegen und hierbei ändern sie ständig ihre Form. Der Energietransport im unteren Teil wird durch den Kontakt mit dem ansteigenden Strand gebremst und nach oben gerichtet. Der obere Teil der Welle bewegt sich weiterhin schnell voran. Dadurch wird die Wellenfront steiler und immer steiler. Siehe Abb. 8.

Abb. 8

Der obere Teil der Welle kann so schnell werden, dass er die Wellenfront überholt und vor der Front herunterfällt. Bei Ozeanwellen entsteht so das sogenannte Surfer Loch.  Bricht die Welle, dann wird die Oberflächenspannung des Wassers überwunden. Die entstehende Gischt hat sich mit viel Sauerstoff angereichert. Nach dem Brechen der Wellen laufen die Wassermassen auf den Strand auf und dann wieder zurück in Meer. Siehe Abb. 9.

Abb. 9

Wie malt man Wellen?

Ich empfehle zu allererst das Naturstudium. Am besten ist es, wenn man sich einen windigen Tag aussucht und die Wellen am Strand studiert, skizziert und fotografiert. Wenn man die Wellen in der Entstehung und Bewegung beobachten kann, dann lassen sich viele Sachverhalte leichter erkennen.

Jede Welle sieht unterschiedlich aus. Sie unterscheiden sich in der Form und dem Farbspiel.

Abb. 10 Wellenstudien am Ostseestrand von Thiessow

Achte auf die Form der Ostseewellen

Die Form der Ostseewellen unterscheidet sich durchaus von Wellen anderer Meere, da die Ostsee als Binnenmeer recht flach und klein ist. Also lohnt es sich schon einmal, genauer hinzuschauen. Besonders spannend ist das Farbspiel einer Welle im Moment, nach dem sie gebrochen ist. Da hier die Oberflächenspannung überwunden wurde, ist die Wellenhöhe links und rechts neben dem herunterfallenden Wasser am höchsten und zur Mitte entsteht eine typische Form eines Sattels (vgl. mit dem Aquarell „Spiel der Ostseewellen“ Abb. 11). 

Schaut man auf das Bild, kann man auch das Farbspiel der Wellen erkennen. Beobachtet man die Wellen, dann sieht man, dass die Farben des Wassers vor und nach der Welle unterschiedlich sind, da die Wassertiefe variiert.

Abb. 11 Spiel der Ostseewellen: Es zeigt sich die typische Form eines Sattels

Nehme die unterschiedlichen Farben wahr

Als Beobachter am Strand können wir das Farbspiel in der Welle auf verschiedene Weisen wahrnehmen. Wenn die Welle steiler wird, ändert sich die Lage der Wellenfront zum Licht und die Welle unterscheidet sich farblich deutlich von dem Meer vor und nach der Welle. Kann man eine Welle von der Seite betrachten, dass sieht man, wie die Wellen nach oben hin immer schmaler werden.

Scheint die Sonne, kann Licht durch den oberen Teil der Welle scheinen.  Hier ergeben sich je nach Lichtstimmung gelbliche oder bernsteinfarbene Töne. Am Scheitelpunkt der Wellen sind sie manchmal fast durchsichtig, bevor das Wasser vor der Welle herunterstürzt. In diesem Moment entsteht ein kleiner Tunnel mit einem Spiel von Licht und Schatten zwischen der Wellenfront und der fallenden Gischt.

Die Gischt beim Lösen vom Wellenkamm beinhaltet oft weniger Luft als das Wasser, das vor der Welle wieder hoch gespritzt wird. Je weniger Luft in der Gischt enthalten ist, umso mehr schimmern hier grüne, blaue oder Grautöne. Der untere Teil der Wellenfronten wird nicht vom Licht durchleuchtet und damit ergeben sich mit der herunterfallenden Gischt die größten Kontrastunterschiede.

Die Aquarelle „Wo de Ostseewellen trecken an den Strand“ (Abb. 12)„Schönwetterflug“ (Abb. 13) und „Farbspiel der Wellen“ (Abb. 14) zeigen einige Beispiele von Ostseewellen. Licht, Schatten, Gischt und die verschiedenen Farben und Formen gestalten immer wieder spannende Motive.

Abb. 12 Wo de Ostseewellen trecken an den Strand
Abb. 13 Schönwetterflug
Abb. 14 Farbspiel der Wellen

Lust auf mehr Meer?

Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, an der Ostsee unterwegs zu sein, den Wind auf der Haut zu spüren und dem Rauschen der Wellen zu lauschen. Die Strände und Steilküsten werden durch Wind und Wellen ständig neu geformt. Wenn man die Landschaften malt, erfasst man immer wieder nur eine Momentaufnahme. An der Ostsee, wo sich die Natur mit jedem Wellenschlag ein wenig ihr Gesicht verändert, finde ich immer wieder neue Inspirationen für meine Aquarelle. 

In meinen Kursen und Workshops möchte ich dir zeigen, wie du diese Interaktion in deinen Bildern einfangen kannst. Es geht nicht nur darum, Techniken zu erlernen, sondern auch darum, ein Gefühl für das Meer zu entwickeln – zu sehen, wie das Licht das Farbspiel in Wellen und die Ostsee zaubert. Lass uns gemeinsam auf Entdeckungstour für spannende Motive gehen.


Frank Koebsch lebt gemeinsam mit seiner Frau Hanka in Sanitz bei Rostock. Beide malen seit über 20 Jahren Aquarelle und stellen ihre Bilder regelmäßig aus. Ihre Aquarelle waren z.B. in Ausstellungen in Berlin, Bremen, Dresden, Hamburg, Kiel, Rostock und vielen weiteren Orten Mecklenburg – Vorpommerns zu sehen. Frank Koebsch arbeitet seit 2011 als freiberuflicher Künstler und Autor für verschiedene Zeitschriften. Seit 2017 ist er Ideengeber und Projektleiter des Plein Air Festivals „Malen an der Ostsee“ in Kühlungsborn. Viele Ideen für die Motive finden die beiden bei ihren Ausflügen in die Natur und auf Reisen.

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