Abb 1 – Holzkörper

INSPIRATION :: PRAXISTIPPS

Grundierung ohne Acrylbinder und Mikroplastik

Von Ruth Trinczek-Helten | Lesezeit: 3 Minuten

Viele von uns möchten nachhaltiger arbeiten, auch beim Grundieren der Leinwand. Mir ging es genauso. Also habe ich mich wieder den Rezepturen zugewandt, die schon seit Jahrhunderten funktionieren: tierische Leime und mineralische Pigmente. Die Mischung ist unkompliziert, kommt ohne Mikroplastik aus und schafft eine Oberfläche, die sich für viele Maltechniken eignet.

Ich arbeite inzwischen am liebsten mit Naturleimen wie Haut- oder Hasenleim. Sie sind biologisch abbaubar, frei von synthetischen Zusätzen und eignen sich sowohl für Leinwände als auch für Holzkörper. Irgendwie habe ich das Gefühl, mit Materialien zu arbeiten, die schon die alten Meister verwendet haben. Manchmal stelle ich mir vor, wie jemand vor Jahrhunderten in einem ähnlich kühlen Atelier stand und den gleichen Duft von Leim und Kreide in der Luft hatte. Es gibt Tage, da höre ich beim Anrühren das leise Knacken des Holzbodens unter meinen Füßen und denke: Jetzt bin ich ganz bei mir und meinem Handwerk.

Ein vollständiger Verzicht auf Acrylfarben oder Binder ist nicht zwingend nötig, doch ich ersetze sie Schritt für Schritt, weil es nachhaltiger ist. Die Grundierung, die ich dir hier zeige, ist vielseitig einsetzbar: Man kann sie für Ölmalerei, Enkaustik, Tempera, Gouache, Pigmente und sogar Acrylfarben und Tuschen nutzen.

Auch wenn es ein wenig mehr Planung und Arbeit ist, macht es meinen Atelieralltag spannend. Besonders liebe ich es, wenn ich morgens ins Atelier komme und die samtige Oberfläche der getrockneten Grundierung im Licht sehe. Dann weiß ich, dass der nächste Malprozess gut starten kann. Manchmal streiche ich meine Hand über die Oberfläche und spüre, wie sie ganz leicht kreidig und kühl ist. Das sind die kleinen Glücksmomente, die mir zeigen, warum ich diesen Weg gewählt habe. Hier zeige ich dir, wie ich damit arbeite.

Vorteile traditioneller Grundierungen

  • Authentizität: Ich liebe die nachhaltige Grundierung und die besondere Oberfläche.
  • Nachhaltigkeit: Biologisch abbaubare tierische Leime und mineralische Pigmente geben mir ein gutes Gefühl beim Arbeiten.
  • Ästhetik: Die matte, samtige Oberfläche bringt meine Lasuren besonders schön zur Geltung.
  • Handwerk: Das eigene Anmischen fördert meine Bindung zum Material und zum Bild. Es gibt Tage, da genieße ich es, einfach nur die Zutaten abzuwiegen und zuzusehen, wie sich alles langsam verbindet. Oft läuft dabei leise Musik, und ich verliere mich ganz im Tun.

💡 Hinweis: Nicht vegan, aber frei von Mikroplastik. Das ist mir wichtig.

Anwendungshinweise

  • Leinwand (Baumwolle/Leinen): Ich verwende Haut- oder Hasenleim als flexible Basis. Kreide (z. B. Rügener Kreide, Champagnerkreide, Marmormehl) sorgt für eine matte, leicht saugende Oberfläche. Die Saugfähigkeit kann ich durch das Verhältnis von Kreide zu Leim steuern. Das teste ich gern direkt im Atelier. Es ist jedes Mal ein kleines Experiment. Manchmal notiere ich mir die besten Mischungen auf einem Zettel, der dann am Maltisch klebt. Einmal habe ich aus Versehen zu viel Kreide erwischt. Das Ergebnis war eine Oberfläche, die fast wie Porzellan wirkte. Solche Zufälle liebe ich.
  • Holzkörper: Hier grundiere ich fester und behandle das Holz vorab mit verdünntem Leimwasser, um die Haftung zu verbessern.
  • Papier: Für Papier nehme ich eine dünne Leimschicht, manchmal mit wenig Kreide. Alternativ nutze ich Schellack als Schutzschicht. Es fasziniert mich, wie unterschiedlich sich die Oberflächen anfühlen, je nach Träger. Manchmal lasse ich kleine Probestücke auf der Fensterbank trocknen und beobachte, wie das Licht darauf spielt.
  • Karton: Dünne Schichten auftragen und gut trocknen lassen, damit sich nichts verformt.

Vorbereitung und Grundierung

Vor dem Malen versiegle ich den Malträger (Leinwand oder Holz) mit einer tierischen Leimlösung (z. B. Hautleim, Hasenleim, Kaninchenhautleim). Die Leimlösung trage ich dünn und kreuzweise auf und lasse sie gut trocknen. Das ist für mich ein ruhiger, meditativer Moment im Atelier.

Zutaten für die Versiegelung:

  • 100 g Hautleim-Granulat
  • 1 Liter kaltes Wasser

Zubereitung: Ich weiche den Leim über Nacht ein. Am nächsten Tag erwärme ich ihn langsam im Wasserbad (nicht über 70°C), trage ihn dünn auf und lasse alles trocknen. Für geringere Wasserempfindlichkeit gebe ich manchmal Alaun dazu: Dafür löse ich 5 Gramm Alaun in 250 ml Wasser (von den insgesamt 1000 ml) auf und lasse die Lösung ebenfalls über Nacht stehen. Sobald die Leimlösung erwärmt und flüssig ist, gebe ich die Alaunlösung langsam unter ständigem Rühren hinzu. Dann verfahre ich wie oben beschrieben weiter.

Abb. 2 – Hasenleim
Abb. 3 – Hautleimgranulat
Abb. 4 – Knochenleim erwärmen

Kreide-/Gipsgrundierung („Gesso“)

Zutaten für die Grundierung:

  • 400 ml Hautleimlösung (mit/ohne Alaun)
  • 250 g Kreide (z. B. Rügener Kreide, Champagnerkreide, Marmormehl)
  • 150 g Gips

Zubereitung: Die Kreide rühre ich langsam in die warme Leimlösung ein, trage mehrere Schichten auf und lasse jede Schicht gut trocknen. Oft sumpfe ich die Kreide einen Tag vorher ein, dann klumpt es nicht so. Dafür gebe ich einfach Wasser in die Kreide und rühre sie, bis es in etwa eine joghurtartige Konsistenz hat. Zwischenschleifen sorgt für eine glatte Oberfläche. Erst nach vollständigem Durchtrocknen beginne ich mit dem Malen. Die Konsistenz sollte streichfähig, aber nicht zu dick sein. Das teste ich oft erst in kleinen Mengen.

Abb. 5 – Rügener Kreide – Produktbeispiel von Gerstaecker
Abb. 6 – Rügener Kreide
Abb. 7 – Gips

Mein Fazit:

Traditionelle Grundierungen auf Basis tierischer Leime und mineralischer Pigmente bieten eine nachhaltige, mikroplastikfreie Alternative zu modernen Acrylbindern. Sie überzeugen durch Vielseitigkeit, Umweltverträglichkeit und ästhetische Qualität. Wer Wert auf Authentizität und Handwerk legt, findet in dieser Methode eine bewährte und ressourcenschonende Lösung.

Hast du jetzt auch Lust bekommen, selbst deine Grundierung zu machen? Ich kann es nur empfehlen. Schnapp dir Hasenleim und leg los!

Eure Ruth Trinczek-Helten


Ruth Trinczek-Helten stammt gebürtig aus Hessen und hat seit 2017 ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen. Zurzeit lebt sie in Titz, in der Nähe von Jülich.

Seit 2010 leitet sie ein Aquarellforum und ist Mitglied im Kunstverein Jülich. Als freischaffende Künstlerin und Dozentin bietet sie Workshops an, die sich mit verschiedenen Maltechniken wie Aquarell und Mischtechniken befassen. Darüber hinaus organisiert sie regelmäßig innovative Kreativ-Workshops zu diesen Themen.

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