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Kunst-Challenges auf Instagram: Sichtbar werden, dranbleiben, vernetzen

Von Katharina Schäferhoff | Lesezeit: 8 Minuten

Sichtbarkeit – in der heutigen digitalen Welt ist das für uns Künstler*innen fast genauso wichtig wie das kreative Arbeiten selbst. Social Media bietet viele Möglichkeiten, sich zu zeigen. Aber wie hebt man sich dabei ab, ohne sich zu verbiegen? Und wie entsteht aus einem simplen Hashtag ein echtes Netzwerk?

Für mich sind Kunst-Challenges auf Instagram eine wunderbare Antwort auf diese Fragen. Sie bringen nicht nur neue Herausforderungen und frischen Wind in mein kreatives Schaffen – sie haben mir auch geholfen, meine Arbeiten einem größeren Publikum zu präsentieren, mit anderen Künstler*innen in Kontakt zu kommen und wertvolle Verbindungen aufzubauen. 

In diesem Artikel stelle ich dir einige bekannte Kunst-Challenges vor, schildere meine persönlichen Erfahrungen und zeige, welche Chancen (und auch Herausforderungen) in der Teilnahme liegen. Vielleicht ist ja auch für dich ein Format dabei, das dich inspiriert!

1. Kunst-Challenges auf Instagram – wie funktionieren sie eigentlich?

Kunst-Challenges auf Instagram, aber auch YouTube, Facebook etc., sind Mitmach-Aktionen, bei denen Künstler*innen über einen festgelegten Zeitraum hinweg zu einem bestimmten Thema arbeiten und ihre Ergebnisse unter einem gemeinsamen Hashtag teilen. Oft gibt es eine Liste mit täglichen oder wöchentlichen Stichwörtern, an denen man sich orientieren kann. Andere Challenges basieren auf einem konkreten Bild, das im eigenen Stil neu interpretiert wird.

Das Besondere: Durch das Teilen unter dem entsprechenden Hashtag wird dein Beitrag für andere sichtbar, die an der gleichen Challenge teilnehmen. So entsteht eine Art virtuelle Ausstellung – und ein Raum für Austausch, Feedback und Vernetzung.

Diese Challenges haben sich zu echten Social-Media-Phänomenen entwickelt, mit teils Millionen von Teilnehmenden weltweit. Die Konzepte sind dabei so vielfältig wie die Kunst selbst. Wichtig ist, dass du dir vor der Teilnahme überlegst, welche Challenge zu dir, deinem Stil und deiner verfügbaren Zeit passt.

2. Fünf beliebte Kunst-Challenges auf Instagram

Im Folgenden stelle ich dir fünf bekannte Formate vor:

  • Inktober:
    Die wahrscheinlich bekannteste und größte jährlich stattfindende Challenge im Oktober, bei der man täglich ein Bild mit Tusche (Ink) zu einem vorab bekannt gegebenen Stichwort oder Thema zeichnet (31 Bilder/Monat). #inktober2025 Seit einiger Zeit gibt es ergänzend eine ganzjährige Inktober-Challenge, bei der einmal wöchentlich ein Bild zu einem Theme gezeichnet wird (52 Bilder /Jahr). #inktober52
  • Month of Masters:
    folgt einem ähnlichen Konzept, wobei der Fokus hier auf der Auseinandersetzung mit Werken (alter) MeisterInnen liegt sowie der Auseinandersetzung mit Bildaufbau und Komposition. (6 Bilder/Monat) #monthofmasters
  • Draw This In Your Style:
    Hierbei stellt eine Künstlerin ein Bild zur Verfügung, das von anderen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums im eigenen Stil interpretiert werden soll. Oft werden dabei Gewinner ausgelost. (1 Bild/Challenge) #dtiys
  • Mermay:
    Im Mai steht die Darstellung von Meerjungfrauen im Mittelpunkt. Diese Challenge konzentriert sich auf Wasser, Licht und Bewegung. (31 Bilder/Monat) #mermay2025
  • Speedpaint Challenges:
    Bei Speedpaint-Challenges müssen KünstlerInnen innerhalb einer kurzen Zeitspanne (z.B. 30 Minuten oder eine Stunde) ein Kunstwerk erstellen. Diese Challenges fördern die Schnelligkeit und Effizienz und bieten gleichzeitig die Möglichkeit, beeindruckende Ergebnisse in einem kurzen Zeitraum zu erzielen.

3. Warum ich Kunst-Challenges als so bereichernd erlebe

Es sind vor allem drei Aspekte, die mir gezeigt haben, warum sich der Aufwand wirklich lohnt.

Künstlerische Begegnungen

Zuallererst kannst du mit anderen KünstlerInnen in Kontakt treten, einen regelmäßigen Austausch pflegen und ein Netzwerk aufbauen. Instagram mit seiner starken Ausrichtung auf Visuelles und der Internationalität bietet sich als Plattform an und begeistert mich von Anfang an, wobei natürlich die kritische Auseinandersetzung mit der Nutzung von Meta – Plattformen unerlässlich ist. Durch die Teilnahme an Challenges und den regelmäßigen Austausch mit anderen KünstlerInnen entstehen Kontakte, von denen viele ins analoge Leben „wandern“. Wichtig finde ich zu betonen, dass es hier immer um den wertschätzenden Austausch untereinander und die gemeinsame Begeisterung an der Kunst geht, nicht um das möglichst schnelle Wachstum meines Accounts. Echte Wertschätzung und Interesse sind essenziell!

Kreativer Schub mit Plan

Ein weiterer Vorteil der Kunst-Challenges liegt in der Struktur, die sie dir bieten. Challenges können eine Grundlage schaffen, die den kreativen Prozess anregt und neue Perspektiven eröffnet. Sie sind eine Möglichkeit, den kreativen Schub zu fördern und können dir dabei helfen, auf spielerische Weise aus deiner Komfortzone herauszukommen, indem du dich beispielsweise mit neuen Themen oder Techniken befasst. Die regelmäßige Praxis kann dir dabei helfen, deinen eigenen Stil weiterzuentwickeln und das technische Können zu verbessern. Auch dein Zeitmanagement kannst du hier erproben.

Sichtbar durch Routine

Durch regelmäßiges Posten unter den entsprechenden Hashtags kannst du andere KünstlerInnen finden und mit einer breiten Community in Kontakt treten, was in der Folge auch zu mehr Interaktionen und Followern führt. Gleichzeitig steigt die Reichweite deiner Kunst und es entstehen oft neue Chancen, etwa durch Kollaborationen oder die Möglichkeit, an  (Online-) Ausstellungen teilzunehmen.

4. Die Schattenseite von Kunst-Challenges

So bereichernd Kunst-Challenges sein können – sie bringen auch Herausforderungen mit sich. Zwei Dinge habe ich dabei besonders beobachten können:

Druck und Stress

Ein häufiger Nachteil ist der zunehmende Druck, täglich zu posten. Dieser Druck kann deine kreative Freiheit einschränken und den künstlerischen Prozess zu einer stressigen Verpflichtung machen. Auch der Verlust von Qualität ist ein Thema: Bei einem straffen Zeitplan und täglichen Posts bleibt wenig Raum, um tief in Themen einzutauchen oder Techniken zu perfektionieren.

Vergleich und Ablenkung

Ein weiteres Problem ist der ständige Vergleich auf Social Media. Der Blick auf die beeindruckenden Werke anderer kann zu Unsicherheit führen. Möglicherweise schätzt du deine eigenen Arbeiten weniger und fühlst dich dadurch in deiner Kreativität blockiert. Außerdem kann die ständige Teilnahme an Kunst-Challenges von langfristigen Projekten ablenken und den Fokus auf persönliche, tiefgründigere Arbeiten verschieben.

5. Zwischen Herausforderung und Chance – Erfahrungen

Ich habe bisher an drei Challenge – Formen teilgenommen: Inktober, Month of Masters und einigen Draw this in your style. Jede einzelne Challenge hat mir große Freude bereitet und mich auf kreativer und organisatorischer Ebene weiter gebracht. Wichtig war mir hierbei von Anfang an, in meinem eigenen Stil zu arbeiten und einen hohen Wiedererkennungswert zu schaffen.

Federsternballett nach „Ballett“ von Edgar Degas
Hummerwalzer nach „Danse a la Campagne“ von Auguste Renoir
Korallenriff nach „Young Ladies“ von Tamara de Lempicka
Mondquallen nach „Der Mond und die Sterne: Der Mond“ von Alphonse Mucha 

Da mir Umwelt- und Meeresschutz sehr am Herzen liegen, war beim Month of Masters das übergeordnete Thema „Meerestiere“ naheliegend, da es gleichzeitig auch neue Aspekte in vertraute Bilder bringt. Als gestalterisches Element nutze ich den weißen Kreis, der Raum für Interpretationen lässt. Durch die Auseinandersetzung mit alten Meisterwerken in Kombination mit bedrohten Meerestieren möchte ich auf unterhaltsame Weise das Bewusstsein für die Einzigartigkeit und den Schutz der Fauna und Flora schärfen und gleichzeitig zum Nachdenken anregen. Diese Serie führe ich inzwischen unabhängig von der Challenge fort, weil sie mir so viel Freude bereitet.

Bei den Bildern für den Inktober habe ich mich bewusst gegen ein übergeordnetes Thema entschieden, hier war mir die Spontaneität wichtig. Mein Ziel war, innerhalb von 2 bis 3 Stunden ein Bildkonzept zu entwickeln und umzusetzen. Besonders herausfordernd für mich war speziell die zeitliche Begrenzung und die damit verbundene gestalterische Reduktion. Im Austausch mit anderen KünstlerInnen erfuhr ich, dass viele im Vorfeld bereits alle 31 Bilder skizzieren und während des Inktobers „nur noch“ mit Tusche ausarbeiten.

Tranquil
Whale
Enchanted

Bei den Draw this in your Style Bildern habe ich natürlich das Hauptmotiv und Schlüsselelemente des Originals übernommen, diese aber variiert und mit einem eigenen kleinen Twist versehen. Die von mir sehr geschätze, in Bologna/Italien lebende Künstlerin Margherita Maggi (aka @dandelion_littlethings) hat ihre Originale für dieses DTIYS freigegeben und zu der Challenge aufgerufen. Ich finde, an unseren Arbeiten ist gut zu sehen, dass es nicht darum geht, jemanden zu kopieren, sondern ein Thema zu erfassen und zu variieren. Und, erneut, wie eine Kunst-Challenge KünstlerInnen unterschiedlicher Stile und Genres aus allen Teilen der Welt verbinden kann.

O.T., © Margherita Maggi
O.T., © Margherita Maggi
„Think out of the box“
Palm leaves

Überhaupt empfinde ich die Rückmeldungen der anderen Teilnehmenden als durchweg wertschätzend und konstruktiv, der Fokus liegt auf der eigenen Entwicklung und dem kreativen Austausch, dem Vergleich mit sich selbst, nicht dem Vergleich mit anderen. Das Networking innerhalb der Community ist tatsächlich ein sehr wichtiger Aspekt, und so konnte ich wertvolle, langfristige Kontakte knüpfen, die ich sowohl künstlerisch als auch beruflich als überaus bereichernd empfinde.

6. Fazit: Dein eigener Weg zählt

Abschließend lässt sich sagen, dass Kunst-Challenges weit mehr bieten als die Möglichkeit, Follower zu gewinnen oder schnell Ziele zu erreichen. Sie eröffnen eine wertvolle Gelegenheit zum Networking innerhalb der Kunstcommunity. Der wahre Nutzen liegt für mich darin, mich mit anderen Kreativen zu vernetzen, Ideen auszutauschen und gemeinsam zu wachsen. Dabei ist es wichtig, die eigene Kreativität zu fördern und den eigenen Prozess zu respektieren. Die Teilnahme an einer Challenge wie Inktober ermöglicht nicht nur persönliches Wachstum, sondern auch den Aufbau von Verbindungen zu anderen Künstlern, was die eigene Entwicklung sehr bereichern und neue Möglichkeiten bieten kann.


Foto:
Stephanie Petersen-Kelting

Katharina Schäferhoff lebt seit dem Studium der Kunst und Sonderpädagogik in Schleswig-Holstein. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeiten sind detaillierte Tusche- und Graphitzeichnungen. Ihre Werke erzählen Geschichten und fordern zur genaueren Betrachtung auf, wobei sie oft gesellschaftspolitische Themen, Natur und Fantasie miteinander verbinden. In ihren Portraits geht es darum, nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern auch ein Stück der Seele einzufangen. Neben freien Arbeiten entstehen auch Albumcover, Logos und Comics. katharina-schaeferhoff.com.

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