Wer hat´s erfunden?
Wenn man an Rakeltechnik denkt, sieht man immer wieder die Bilder, wie Gerhard Richter mit dem großen Rakelwerkzeug die Farbe auf der Leinwand zieht. Aus gutem Grund, denn kein anderer Künstler hat jahrzehntelang so konsequent mit dieser Technik gearbeitet wie der namhafte deutsche Maler. Für uns gilt er als Erfinder dieser Technik. Dabei gab es auch vor ihm andere Künstler, die diese wunderbare Technik für ihre Werke benutzten, z. B. Karl Otto Götz oder Willem de Kooning.
Was du brauchst
Rakeltechnik gleicht ein wenig der Spachteltechnik, die Herangehensweise ist fast identisch, wenn die Größe nicht da wäre. Und das ist entscheidend, denn durch die Größe des Werkzeugs können wir großflächiger arbeiten und dementsprechend auch größere Formate wählen. Ohnehin wirkt diese Technik viel besser und eindrucksvoller, wenn wir mit großen Leinwänden (Ab 100 x 100 cm) arbeiten.
Damit die Leinwand dem Druck standhalten kann, hängt sie am besten an der Wand und nicht auf der Staffelei. Das meistverbreitete Werkzeug ist der sogenannte Maurerglätter; er ist sehr handlich und den bekommt man in jedem Baumarkt; zur Hilfe nimmt man auch den Flächenspachtel. Das übergroße Rakelwerkzeug, das wir von Herrn Richter kennen, ist eine extra Anfertigung, die man leider in keinem Baugeschäft finden kann. Macht aber nichts, mit Maurerglätter können wir genauso gute Ergebnisse erzielen, und dabei ist er auch noch viel günstiger.
Jeder Anfang ist leicht, tob dich aus
Rakeltechnik eignet sich besonders gut für die Einsteiger in die abstrakte, gegenstandslose Malerei; die Ergebnisse sind ziemlich schnell zu erreichen und das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits will man weiter malen, andererseits aber möchte man das schnell erreichte „schöne“ Ergebnis unbedingt beibehalten. Und das kann beim Malen zur Blockade führen. Es ist wichtig, diese Angst, das „Schöne“ zu verlieren (in dem wir übermalen), nicht zuzulassen. Erst wenn wir Mut haben, das Erschaffene wieder zu zerstören, können wir uns als Künstler entwickeln. Was nutzt uns, wenn wir uns mit einem bereits in 5 Minuten erschaffenem Kunstwerk zufrieden geben und mit dem Malen aufhören? Malen heißt kreativ sein, es ist ein Prozess, der auch Krisen beinhaltet, aus denen wir gestärkt rauskommen. Also tobt man sich erstmal so richtig aus, damit wir uns daran gewöhnen und unsere eigene Handbewegung entwickeln.
Säule, Stempeln oder vielleicht Schneefalleffekt?
(Die Struktur)
Die Rakeltechnik hat ihre eigenen Tücken und wenn man es alleine, ohne Hilfe versucht, braucht man einige Zeit, um sie vollkommen beherrschen zu können. Es ist wichtig, nicht gleich am Anfang in schön und nichtschön zu urteilen. Das Hin-und Herrakeln (von links nach rechts, von rechts nach links, und von oben nach unten) sollte nicht länger dauern als eine Stunde, wenn man es übertreibt, dann droht die Matschgefahr, aus der man schwer wieder rauskommt. Nachdem schon eine gewisse Komposition oder ein Gerüst zu sehen ist, fängt man an, das etwas Überladen-chaotische und Rohe zu „beruhigen“, in dem man entscheidet, wohin die Reise geht. Da gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Brücken, Säulen, Stempeln oder Schneefalleffekte.
Der Teufel steckt im Detail
Nachdem wir eine Struktur geschaffen haben geht es ausschließlich darum, die einzelnen Details auszuarbeiten, hier drosseln wir unseren Maltempo, jetzt wird Fantasie gefordert. Da es um Feinheiten geht, benutzen wir statt Rakel, Pinsel oder Schwämme. Die Rakeltechnik erfordert viel Geduld. Gerhard Richter sagte einmal über die Farben – sie machen, was sie wollen. Und das stimmt tatsächlich – die Farben machen, was sie wollen; es sind viele Zufälle, die durch unser Betätigen entstehen und die können wir beliebig steuern; wir entscheiden, wie viel Zufall im Bild bleibt.
Acryl oder Öl?
Acryl benötigt strukturierteres Arbeiten, die Wasserfarben verzeihen mehr und sind auch besser für die Einsteiger geeignet. Beim Öl geht es viel mehr darum, die entstandenen Schichten freizulegen und nach einer gewissen Trocknungszeit (Öl benötigt mehrere Tage) die interessanten Effekte rauszukratzen. Hier ist mehr der Zufall am Werk. Mit Acryl können wir an einem Tag fertig werden, während Öl mehrtätige Arbeit benötigt.
Der Abschluss
Durch das Ziehen des Rakelwerkzeugs entstehen immer wieder neue Farbkompositionen, die spannender und vielfältiger sind, als die vorausgehenden. Unsere Aufgabe ist es, irgendwann damit aufzuhören, das Gefühl für die Komposition zu bekommen, herauszufiltern, was zusammenpasst und was nicht, ohne dass man darin – wie Michelangelo sagte – unser Bemühen sieht.
Be’shan – der in Tiflis/Georgien geborene Autor, Maler, Kunsttherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie vermittelt in seinen Workshops und Online-Kursen nicht nur die Rakeltechnik, sondern auch Acrylic Pouring, Stofftechnik und abstrahiertes Zeichnen. Außerdem bietet er Malreisen nach Georgien an.
Ende 2017 ist sein Buch DAS GLÜCK DES KÜNSTLERS – Von der Magie des Malens erschienen.
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