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Knochenleim in der Kunst – eine Anleitung für Hobbykünstler und Profis

Von Ruth Trinczek-Helten | Lesezeit: 6 Minuten

Willkommen zu meinem ausführlichen Leitfaden über die Verwendung von Knochenleim in der Kunst! In diesem Artikel werde ich dir alles Wissenswerte über dieses vielseitige Bindemittel erklären. Egal, ob du ein aufstrebender Hobbykünstler oder ein erfahrener Profi bist, die folgenden Tipps werden dir helfen, Knochenleim effektiv in deine Kunstwerke zu integrieren.

Tipp 1: Verwende ausschließlich Knochenleim – Ein Vergleich von Knochenleim und Hautleim.

Bevor wir in die Details eintauchen, ist es wichtig zu verstehen, warum Knochenleim gegenüber Hautleim bevorzugt wird. Im Gegensatz zu Hautleim, der für seine Flexibilität bekannt ist und daher früher für bestimmte Anwendungen wie Buchbinden und Lederkleben verwendet wurde, bietet Knochenleim eine bemerkenswerte Sprödigkeit und Härte. Knochenleim wird buchstäblich hart wie Knochen. Diese Eigenschaften machen wir uns zunutze, denn diese sind ideal für die Erzeugung von Strukturen in Form von Absplitterungen und Texturen in Kunstwerken.

Tipp 2: Geeignete Maluntergründe und deren Vorbereitung

Holzkörper sorgen für Stabilität

Wenn man mit Knochenleim Bilder kreiert, ist es vorteilhafter, wenn man einen stabilen Holzkörper oder mindestens einen 3cm dicken Keilrahmen dafür verwendet. Bei dünneren Keilrahmen kann es passieren, dass sich das Holz durch die entstehende Spannung komplett verzieht oder der Leinwandstoff reißt und somit das Gemälde unbrauchbar wird. Doch auch bei dickeren Keilrahmen kann es dazu führen, dass der bespannte Stoff durch die Spannung des Leimes reißt.

Dunkle Grundierung

Bevor du deinen Malgrund mit Knochenleim bestreichst, empfehle ich dir eine dunkle Farbe als Grundierung aufzutragen. Ich nehme gerne ein Indigoblau oder Schwarz, doch auch ein dunkles Grün oder Violett sieht hervorragend aus. Das kommt ganz auf deine eigenen Vorlieben an. Die dunkle Farbe gewährleistet mir, dass die Absplitterungen später im Kunstwerk gut hervorgehoben werden und zur Geltung kommen.

Tipp 3: Knochenleim einfärben – für noch mehr Effekte

Eine weitere Möglichkeit, die Vielseitigkeit von Knochenleim zu nutzen, besteht darin, ihn mit verschiedenen Pigmenten, Steinmehlen oder anderen Materialien einzufärben. Experimentiere mit Rügener Kreide, Marmormehl, farbige Pigmente oder wasserlöslichen Tuschen, um interessante Farbeffekte zu erzielen.

Vermeide jedoch Acryltuschen oder Acrylfarben, da sie die Bildung von Schollen und Rissen verhindern können. Auch solltest du darauf achten, dass du nicht zu viel Pigmentpulver oder Steinmehle nimmst, damit der Knochenleim nicht zu sehr eindickt und so das Absplittern beeinträchtigen kann.

Der wahre Zauber von Knochenleim in der Kunst liegt in seiner Fähigkeit, faszinierende Texturen wie Schollen und Risse zu erzeugen. Diese Texturen verleihen deinen Kunstwerken eine unvergleichliche Tiefe und Struktur. Beachte jedoch, dass der Knochenleim je nach Luftfeuchtigkeit weiterarbeiten kann, was zu Veränderungen in den Texturen führen kann.

Tipp 4: Knochenleimgranulat am Vortag anmischen

Um Knochenleim richtig anzumischen, ist es wichtig, die richtigen Proportionen und Techniken zu kennen. Beginne damit, das Knochenleimgranulat und Wasser in einem geeigneten Behälter, wie beispielsweise ein Marmeladeglas, zu mischen und rühre gründlich um. Das Mischverhältnis ist in etwa 1 Teil Knochenleimgranulat und 3 Teile abgekochtes, lauwarmes Wasser. Lasse den Leim dann über Nacht quellen, bevor du ihn weiterverarbeitest.

Tipp 5: Knochenleim behutsam erwärmen

Wasserbad mit Reiskocher

Du stellst das Glas mit dem Knochenleim in einen Topf mit Wasser erhitzt es vorsichtig. Ein kleiner Reiskocher ist dafür gut geeignet. Doch es funktioniert ebenfalls mit einem Babyflaschenwärmer oder auf dem Herd. Das Wasser darf in keiner Weise kochen oder zu heiß werden, also maximal ca. 65°C, da sonst die Leimeigenschaft beeinträchtigt werden kann. Mir erweist dabei ein Fleisch-Thermometer gute Dienste. Nun den im Glas gequollenen Knochenleim ständig umrühren, um Klumpenbildung zu vermeiden.

Das Knochenleimgranulat sollte sich vollständig auflösen. Sollte die Masse zu dick sein, kann man abgekochtes Wasser hinzufügen. Die Konsistenz sollte etwas dünner wie Sahne sein. Nun ist der Knochenleim einsatzbereit.

Tipp 6: Richtiges Auftragen und Trocknen

Die richtige Technik zum Auftragen von Knochenleim ist entscheidend, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Beginne damit, den Leim schichtweise und nicht zu dick mit dem Pinsel oder einen Spachtel aufzutragen und lasse jede Schicht vollständig trocknen, bevor du die Nächste aufträgst. Dieser schichtweise Aufbau ermöglicht es, später faszinierende Texturen zu schaffen, die deinen Kunstwerken eine einzigartige Dimension verleiht. Du kannst nach dem Auftragen der ersten Schichten den flüssigen Knochenleim einfärben, wie in Tipp 3 nachzulesen ist.

Nach diesen ersten Aufträgen könnte man den Knochenleim stellenweise auf das Bild gießen, so dass dünnere und dickere Schichten entstehen. Der Knochenleim sollte in circa 10 bis 15 Schichten aufgetragen werden. Doch auch etwas dickere Schichten sind möglich.

Beim Auftragen von Knochenleim ist es wichtig, darauf zu achten, dass der Raum eine angemessene Temperatur hat. Bei Wärme kann der Knochenleim in der Kunst am besten reagieren. Lasse den Leim immer vollständig trocknen, bevor du weitere Schichten aufträgst. Ich lasse den Holzkörper mit dem aufgetragenen Knochenleim im Sommer draußen in der prallen Sonne trocknen. Je wärmer es draußen ist, desto besser für die Schollenbildung.

Tipp 7: Was tun, wenn der getrocknete Knochenleim nicht bricht?

Hilfreicher Wassersprüher

Sollte der Knochenleim in deinem Bild nicht brechen und keine Absplitterungen entstehen lassen, dann musst du nicht verzweifeln. Ich sprühe über mehrere Tage oder Wochen immer wieder mit meinem Wassersprüher auf die trockenen Knochenleimstellen und lasse es immer gut durchtrocknen. Diesen Vorgang sollte man nach Bedarf mehrere Male wiederholen. Das kann auch schon mal ein paar Wochen dauern, bis Risse und Absplitterungen entstehen. Also, Geduld ist gefragt. Sollte der Raum jedoch zu feucht sein, kann es sein, dass keine Schollen entstehen.

Tipp 8: Lagerung und Entsorgung von Knochenleim

Um die Haltbarkeit von Knochenleim zu maximieren, lagere ihn im Kühlschrank und verwende ihn innerhalb weniger Tage, da dieser schnell schimmelt. Es gibt noch eine andere Möglichkeit den überschüssigen Knochenleim zu lagern und damit haltbarer zu machen. Streiche den flüssigen Leim dünn auf Backpapier und lasse ihn trocknen. So kannst du ihn übereinander stapeln und später wiederverwenden.

Knochenleim ist ein Naturprodukt und kann umweltfreundlich entsorgt werden. Entweder du wäschst die Werkzeuge und den überschüssigen Knochenleim einfach mit Wasser aus oder du lässt den Pinsel im leeren Glas trocknen. Beim nächsten Anwärmen von Knochenleim stelle ich einfach den Pinsel mit ins Gefäß.

Fazit:

Knochenleim ist zweifellos ein vielseitiges und faszinierendes Material für Künstler aller Erfahrungsstufen. Mit den richtigen Techniken und Tipps kannst du seine einzigartigen Eigenschaften nutzen, um atemberaubende Kunstwerke zu schaffen. Experimentiere, entdecke und lasse dich von der Vielseitigkeit des Knochenleims inspirieren!

Und nun wünsche ich dir viel Spaß beim Experimentieren.

Deine Ruth


Ruth Trinczek-Helten stammt gebürtig aus Hessen und hat seit 2017 ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen. Zurzeit lebt sie in Titz, in der Nähe von Jülich.

Seit 2010 leitet sie ein Aquarellforum und ist Mitglied im Kunstverein Jülich. Als freischaffende Künstlerin und Dozentin bietet sie Workshops an, die sich mit verschiedenen Maltechniken wie Aquarell und Mischtechniken befassen. Darüber hinaus organisiert sie regelmäßig innovative Kreativ-Workshops zu diesen Themen.

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Kunst-Werkstatt-Titz
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Ruth Trinczek-Helten
Thema
abstrakt, experimentell, frei, Komposition
Technik
Acryl, Intuition, Pigmente, Struktur, Tusche
Level
E F

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