Das Portrait: Die Nase
In vergangenen Blog-Artikeln habe ich euch die Grundsätze des Gesichts beim Porträtieren erklärt, gezeigt wie man die Augen malt und was die Herausforderung ist, einen Mund zu treffen.
Zu guter Letzt widme ich mich dem herausragenden und herausfordernden Gesichtsteil – der Nase.
Wie malt man etwas, was so wenig klar begrenzt ist?
Anfänger verüben an der Nase geradezu Gräueltaten. Da gibt es Dreiecke mit Löchern an der unteren Seite, Würste mit Auswüchsen und dergleichen mehr.
Das Schwierige ist, dass die Nase so wenige klare Linien/ Abgrenzungen hat und sich sofort sehr verändert, wenn der Kopf etwas anders geneigt wird.
Deswegen ist es auch hier wieder hilfreich zu verstehen, wie eine Nase aufgebaut ist.
Das Nasenbein ist knöchern und geht aus dem Stirnknochen hervor. Es liegt mittig zwischen den Augen und formt die äußeren Augenhöhlen mit.
Alle anderen Nasenteile sind knorpelig. An das Nasenbein unten anschließend, liegen jeweils die Dreiecksknorpel, die den Nasenrücken bilden. An sie schließen sich die Nasenflügel an, die den Nasenlöchern ihre Kontur geben.
Die Nasenspitze schaut am meisten hervor, sie liegt am unteren Ende der Nase mittig. Der Knorpel besteht auch aus zwei Teilen, deshalb sieht man bei manchen Menschen eine kleine Rille auf der Nasenspitze.
Der Nasensteg verbindet die Nasenspitze mit dem Oberkieferknochen und begrenzt die Nasenlöcher in der Mitte.
Wenn du eine Nase zeichnen möchtest, gibt es ein paar prägnante Punkte, die du deutlich hervorheben kannst, ansonsten wird hier am besten nur mit Schattierungen gearbeitet.
In meinen Blogbeiträgen geht es immer um die Frontalansicht eines Gesichtes, alle unterschiedlichen Perspektiven zu berücksichtigen, würde den Rahmen hier sprengen. Da du die grobe Anatomie aber nun kennst, ist dir schon geholfen.
Wo anfangen?
Ich fange bei der Nase immer mit dem Nasenbein an, und zwar, indem ich nicht das Nasenbein male, sondern die Schatten, die die Augenhöhle begrenzen, den Übergang von den Augenbrauen und deute die „Zornesfalten“ oder die Querfalte an der Nasenwurzel an, je nachdem, was ich bei meinem Modell entdecke.
Die erste Herausforderung bei der Nase ist es, ihre Länge korrekt zu malen.
Ich hangele mich über die „Augenringe“ und schau, wie groß der Abstand zwischen innerem Augenwinkel und unterer Nasenflügelkannte ist. Dann check ich den Abstand zwischen Augenring und oberer Nasenflügelkannte. Nun forme ich die Nasenflügel, die oft den zweiten konkreten Schatten, z.T. auch Linien bilden. Prüfe die Breite der Nase, indem du Senkrechten von den äußeren Nasenflügelbegrenzungen nach oben und unten ziehst und achte darauf, wo diese die Augen und den Mund schneiden.
Die Nasenspitze kann oft nur mit Schattierungen herausgearbeitet werden, Je nachdem welche Haltung das Modell hat, ist die untere Kannte klarbegrenzt. Liegt sie auf einer Linie mit der unteren Seite der Nasenflügel? Liegt sie darunter oder darüber? Schau genau hin.
Und nun die Nasenlöcher, die für viele eine so große Herausforderung sind: Sie ergeben sich aus den Begrenzungen von Nasenflügeln und Nasensteg, es sind KEINE Löcher die sich in die Nase bohren. Du setzt einfach, wenn man sie überhaupt sieht, Schatten unter die Nasenflügel. Schau genau, welche Form sie haben!
Überprüfe deine Nasenlänge, indem du dir die Fläche zwischen Augenringen und Nasolabialfalte anschaust, stimmt die Form? Nasen geraten einfach immer wieder gerne zu lang! Grade, wenn du dich im Detail verlierst, was mir immer wieder passiert.
Vom Nasenrücken deute wirklich nur die Schatten an, die du auch wirklich siehst. Je nach Lichteinfall sind sie auf einer Seite oft stärker, als auf der anderen. Kleine Lichtpunkte auf der Nasenspitze und am Nasenrücken machen „deine“ Nase, gemeinsam mit den Schattierungen zu einem plastischen Gesichtsteil!
Wie immer hießt es, schau genau hin, miss die prägnanten Punkte und was Linien angeht: weniger ist mehr.
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude beim Entdecken von Gesichtern und beim Porträtieren. Jedes Gesicht ist anders und ich staune auch nach vielen Jahren der Porträtmalerei immer noch über jedes neue Gesicht mit seinen feinen Details.
Seit 2005 betreibt Stephanie Bahrke das Atelier unter der Linde für Portraitmalerei, ein lichtes Ladenatelier in Hamburg-Winterhude. Der Mensch stand schon immer im Mittelpunkt ihrer Kunst. Neben dem Malen von Auftragsportraits arbeitet sie interdisziplinär mit Künstlern anderer Genre zusammen und unterrichtet seit einigen Jahren Portraitmalerei.
Diese Beiträge von Stephanie Bahrke könnten dich auch interessieren :
„Menschen malen – das würde ich auch gern können!“,
Das Porträt: Wie male ich die Augen?
Das Portrait: Der Mund sagt mehr als tausend Worte