Lernt man hier, wie man Wolken malt?


Februar 2019

Während meines Kunststudiums in Berlin hörten wir die Frage einer Besucherin: „Lernt man hier, wie man Wolken malt?“ Wir haben verneint und mussten später über die Frage lachen.

Hinter dieser Frage steht jedoch der ernstzunehmende Wunsch etwas scheinbar Leichtes, aber in seiner Vielfältigkeit kaum Greifbares abzubilden. Jeder weiß doch, wie eine Wolke aussieht! Scherzhaft könnte man antworten: Am Besten im Freien!

Bei der Zeichnung einer ausgedachten Wolke entsteht mit ziemlicher Sicherheit die klassische Kumulusform, die ja mittlerweile zum Symbol für zentrale Datenspeicherung geworden ist. Diese dann mit Farbe auszufüllen bringt dann vielleicht ein Gebilde hervor, das nichts mit der Leichtigkeit der Wolkenerscheinung zu tun hat. Auch beim Abmalen nach einem Foto besteht die Gefahr, dass die Wolke hinterher aussieht, wie eine Betonskulptur, außerdem artet es in Arbeit aus.

Der einzige Weg scheint also darin zu bestehen, die Wolke tatsächlich zu begreifen: Wir müssen raus ins Freie und Sehen lernen!

Malanfänger erwarten oft zu viel von sich und überfordern sich durch zu schwere Aufgaben. Versuche, bevor du beginnst, so genau wie möglich zu beschreiben, was du darstellen willst und folge nicht der spontanen Regung, z.B. den Vogel noch hinein zu zeichnen, nur weil er gerade durch dein Blickfeld geflogen ist (am Anfang jedenfalls!).

Fangen wir mit der Zeichnung einer Wolke an.

Detlef Lemme Wolke01

Umrisszeichnung

Das Finden der Umrisse der Wolke erscheint erst mal schwer, weil die Wolke so fern und wenig greifbar ist. Außerdem ist der Bleistift schwarz und die Wolke weiß.

Das Wesen der Wolke liegt tatsächlich an den Rändern. Die sind gar nicht so rund wie gedacht, sondern ähnlich ziseliert wie eine Küstenlinie.

Versuche die Ränder der beobachteten Wolke so genau wie möglich abzuzeichnen. Ein Motivsucher (siehe unten) kann dabei sehr nützlich sein.

Die so entstehende Umrisslinie sieht gleich irgendwie natürlich und interessant aus. Auch wenn deine Zeichnung vielleicht nicht exakt dem Wolkenrand entspricht (wer würde das nachprüfen?) stellt sich fast automatisch der Wolkencharakter ein. Die Wolke ist jetzt freistehend und noch sehr flach, aber dennoch haben wir die Form und Gestalt der Wolke schon ganz gut erfasst.

Zeichne so viele Wolken und studiere die Umrisse verschiedener Wolkenformen. Lasse dich vom Ziehen der Wolken nicht entmutigen, mit der Zeit wirst du schneller werden und lernst, deine Striche sicher zu setzen.

Detlef Lemme Wolke02

Umrisszeichnung mit Schraffur

Mit dem Bleistift kannst du jetzt tönen und schattieren:

Suche also die Begrenzungen der Schattenbereiche auf der Wolke und lege mit leichten Schraffuren Grauwerte an. Das geht am Besten mit einem weichen Bleistift (6B) und wenig Druck.

Detlef Lemme Wolke03

Umrisszeichnung mit Schattierung

Zeichne dann die dunklen Schattengrenzen und lege die dunkleren Töne fest.
Die Striche lassen sich auch gut verreiben und du erzeugst damit leichte Grauwerte.
Schließlich kannst du mit dem Radiergummi die hellen Töne auch wieder freilegen.

Detlef Lemme Wolke04

Umrisszeichnung mit Wischen – Himmel

Vielleicht hat sich der Himmel über dir inzwischen mit Wolken bedeckt und nur ein paar Flecken Himmel freigelassen. Dann zeichne einfach mal die Negativform der blauen Himmelsauschnitte. Ich habe hier die Negativform mit Wischen nach innen betont.

Auch so lassen sich Wolken darstellen. Ein Motivsucher hilft dir auch bei dieser Herangehensweise, die angeschnittenen Partien besser zu erkennen.

Mache viele Wolkenzeichnungen und zeichne möglichst nur das Gesehene, dann wirst du deinem Motiv am ehesten gerecht und du begreifst die Wolken zeichnerisch. Versehe deine Zeichnungen mit dem Datum, dann kannst du deine Fortschritte besser verfolgen.

Motivsucher / Bildebene

Detlef Lemme Motivsucher

Den praktischen Motivsucher stellst du dir am besten selbst aus einem Stück schwarzer Pappe her. Den Bildausschnitt schneidest du mit einem Cutter aus. Die Proportionen des Ausschnitts sollten deinem Bildformat entsprechen. Durch den Motivsucher visierst du mit einem Auge dein Motiv und überträgst die Umrisse in deine Zeichnung. Achte darauf, dass du Abstand und Winkel zwischen Auge und Motivsucher während des Zeichnens nicht veränderst.


Detlef Lemme

Detlef Lemme lebt und arbeitet seit 2001 in Hamburg.  Nach Tischlerlehre und Kunststudium in Berlin hat er in Hamburg als Trickfilm-Animator und in Wolfsburg und Erlangen als 3D-Visualisierer gearbeitet.

Seit 2016 ist er wieder in Hamburg als freiberuflicher Künstler tätig. Seine Schwerpunkte sind serielle Malerei, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik und Konzeptkunst. Sein Wissen und seine Fertigkeiten gibt er seit 1993 in verschiedenen Zusammenhängen an unterschiedliche Teilnehmergruppen weiter.

„Die Kunst ist eine Lebensaufgabe und eine große Freude besteht darin, sie anderen nahezubringen.“

Detlef Lemme bietet in den Sommermonaten fortlaufend immer dienstags Aquarellkurse im Hamburger Jenischpark und dem angrenzenden Elbufer an, auf Wunsch auch am Wochenende. Geplant sind Ausflüge nach Sylt und in den Spreewald.

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